Vom Zeichentisch zur 3D-Technologie

Das aus Zirkel, Radiergummi und Transparentpapier bestehende Handwerkszeug, das früher für den Entwurf eines Fahrzeugs verwendet wurde, ist mittlerweile von digitalen Hilfsmitteln verdrängt worden.

/ SEAT Ingenieure berichten, was sich seit den 80er-Jahren verändert hat
/ Früher gab es einen Computer, heute interaktive Tablets und Digitalstifte
/ Heute wird ein Modell mithilfe von virtueller Realität entworfen
/ 1975 arbeiteten 211 Ingenieure bei SEAT – heute mehr als 1.000

Das aus Zirkel, Radiergummi und Transparentpapier bestehende Handwerkszeug, das früher für den Entwurf eines Fahrzeugs verwendet wurde, ist mittlerweile von digitalen Hilfsmitteln verdrängt worden. SEAT Ingenieure, die bei der Einführung früherer Kultmodelle beteiligt waren, berichten, wie sich der Entwurfs- und Entwicklungsprozess beim Design eines Modells in den vergangenen 40 Jahren verändert hat.

Bis zu sechs Meter Papier
Heutzutage sitzen die Designer vor einem Bildschirm und nutzen die neueste 3D-Technologie. Vor vier Jahrzehnten jedoch kamen die Planer an einem langen Zeichentisch zusammen, um dort ein Fahrzeug in realem Maßstab zu skizzieren. „Alles wurde mithilfe von Papier, Lineal und Zirkel von Hand gemacht, natürlich ohne Bildbearbeitungsprogramme“, erinnert sich Ángel Lahoz. In den 80er-Jahren bestand eine der Herausforderungen darin, die jeweiligen Änderungen des Modelldesigns nacheinander auf ein und demselben Plan einzuzeichnen.

Vom Bleistift zum Digitalstift
„Früher gab es in jeder Abteilung nur einen Computer, der für den Assistenten der Geschäftsleitung bestimmt war. Die anderen Mitarbeiter saßen an Tischen voller Zeichnungen und Farbstifte. Es sah aus wie in einem Künstleratelier“, berichtet Lahoz. Mittlerweile wurde dieses Szenario durch interaktive Tablets und Digitalstifte abgelöst. Designer können jetzt sofort mit einem einzigen Klick Korrekturen vornehmen. Vorbei sind die Zeiten „endloser Änderungen mit dem Radiergummi“, sagt er.

Zwei Tonnen Gips im Vergleich mit fünf Tonnen Clay
Während der Entwurfsphase eines neuen Modells gab es neben den Skizzen auch Reproduktionen der Prototypen in Echtgröße, die zur Festlegung der endgültigen Formen dienten. In den 80er-Jahren wurde der SEAT Ibiza* der ersten Generation noch in Gips abgebildet. Heute wird dagegen Clay verwendet, eine Modelliermasse, die in ihrer Beschaffenheit an Ton erinnert, „sich jedoch leichter formen lässt“, so Lahoz. Darüber hinaus bieten heutige Technologien „eine enorme Präzision bis in den Zehntelmillimeterbereich“. Dieser eher manuelle Prozess wird mit virtuellen Prototypen kombiniert.

Designer mit HD-Brillen
Lahoz bringt es auf den Punkt: „Hätte mir in meiner Anfangszeit bei SEAT jemand erzählt, wie wir heute arbeiten, hätte ich das als Science-Fiction-Gerede abgetan“, sagt er ehrlich. Heute ist es nicht nur möglich, ein Modell mithilfe von virtueller Realität zu entwerfen, sondern es kann auch aus erster Hand getestet werden, wie es sich anfühlt, am Steuer zu sitzen. Diese neuen Arbeitstools garantieren eine Realisierbarkeit der Erstentwürfe von rund 90 Prozent.

Doppelt so viele Simulationen dank virtueller Realität
Virtuelle Realität ist in den vergangenen Jahren zu einer der wichtigsten Faktoren in den ersten Entwicklungsphasen eines Modells geworden. Ein Beispiel dafür ist die Kollisionsprüfung. Für den neuen SEAT Ibiza wurden 95.000 Simulationen durchgeführt. Das sind doppelt so viele wie bei der Vorgängergeneration. Außerdem ist diese neue Technologie in der Lage, bis zu drei Millionen Elemente eines Fahrzeugs zu analysieren. Eine Zahl, die sich vor 30 Jahren auf maximal 5.000 belief.

Die Entwicklung der Extremtests
Bevor sie auf den Markt gebracht werden, müssen die Modelle eine Reihe von Tests unter extremen Bedingungen durchlaufen. „Die Tests haben sich in den vergangenen Jahren stark verändert“, bestätigt Jaume Camps, der als Ingenieur für diese Extremtests verantwortlich ist. Zwar mussten die Prototypen auch schon vor drei Jahrzehnten dynamische Hitzetests in Wüstenregionen und Kältetests unter Extrembedingungen in der Arktis absolvieren. Der Unterschied, so betont Camps, sei jedoch, dass die Anzahl der Tests sich mittlerweile vervielfacht habe. Dies sei auf den „Einbau von Elektronik und Fahrassistenzsystemen“ in den heutigen Fahrzeugen zurückzuführen.

Fünf Mal so viele Ingenieure
Das technische Zentrum von SEAT wurde 1975 mit 211 Ingenieuren und einer Grundfläche von 130.000 Quadratmetern eröffnet. Vier Jahrzehnte später umfasst dieser „Wissens-Hub“ eine Fläche von 200.000 Quadratmetern und beschäftigt mehr als 1.000 Ingenieure und Techniker.

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