Heiß auf Eis
Man muss wohl ein bisschen verrückt sein, um sich auf Skiern von einem Auto mit Vollgas über Schnee und Eis ziehen zu lassen. Skijöring sieht jedenfalls nach einem Sport für besonders Mutige aus. Einer der weltbesten Freestyle-Skiläufer zu sein, hilft in diesem Zusammenhang. „Ich habe sicherlich schon extremere Sachen gemacht, aber Skijöring als Wettbewerb ist für mich auch neu“, sagt Bene Mayr, einer der Stars beim Ice Race in Zell am See.
Diese Veranstaltung erweckt am Wochenende 19. / 20. Januar eine Tradition zu neuem Leben, die Mitte des 20. Jahrhunderts jeden Winter Tausende von Fans anlockte. Beim in Norwegen erfundenen Skijöring ließen sich die Skiläufer ursprünglich von Pferden ziehen. 1928 war die Sportart sogar Demonstrationswettbewerb bei den Olympischen Winterspielen in St. Moritz. Es dauerte nicht lange, bis Geschwindigkeit – und Nervenkitzel – durch Motorräder und schließlich Autos als Zugfahrzeuge gesteigert wurde.
Einer der Hotspots damals: Zell am See, Skiparadies im Salzburger Land. 1937 fuhren die ersten motorisierten Renntandems über den zugefrorenen Zeller See. 1956 folgten Rennen für Motorräder aller Klassen und Automobile, zwischenzeitlich auch auf der vereisten Startbahn des benachbarten Flugplatzes. 1974 war allerdings Schluss damit, die Wintersportler wendeten sich anderen Trends zu.
Comeback nach vier Jahrzehnten
„40 Jahre lang haben Eisrennen und Skijöring die Menschen in Zell am See begeistert. Jetzt holen wir diese legendäre Veranstaltung neu interpretiert aus der Versenkung zurück“, sagt Ferdinand Porsche, im Ort lebender Urenkel des berühmten Firmengründers und einer der Initiatoren des GP Ice Race. Unter neu interpretiert verstehen Porsche und Geschäftspartner Vinzenz Greger auch, dass sich die Skiläufer wie Bene Mayr nicht von irgendwelchen beliebigen Autos über das Eis ziehen lassen. Skiprofi Mayr beispielsweise hat sich als Zugmaschine einen Rennwagen aus der aktuellen Formel E angelacht. „Der Fahrer des Zugwagens muss sehr genau wissen, was sein Anhängsel so draufhat. Der Skiläufer wiederum muss darauf achten, dass die Zugleine immer unter Spannung bleibt. Sonst könnte es wehtun“, erläutert Mayr.
Le-Mans-Sieger im neuen Polo GTI R5
Beinahe schon einfach mutet vor diesem Hintergrund die Aufgabenstellung für die Piloten an, die ohne Skiläufer im Schlepptau Rennen bestreiten. Zu ihnen gehören die beiden Volkswagen Piloten Romain Dumas und Jochi Kleint. Dumas ist unter anderem zweimaliger Sieger des 24-Stunden-Rennens in Le Mans.
Ertritt im neuen Polo GTI R5 in der Wettbewerbskategorie der aktuellen Rallyeautos an. „Für mich ist es der erste Start im Polo GTI R5. Ich bin schon sehr gespannt“, blickt Dumas voraus. Kleint bringt einen alten Bekannten an den Start – den mit zwei Motoren ausgestatteten Golf, mit dem er 1987 beim Bergrennen am Pikes Peak für Furore sorgte. „Die Gegend rings um Zell am See kenne ich gut, das wird eine schöne Veranstaltung“, sagt der Hamburger. „Mit dem für das Bergrennen am Pikes Peak gebauten Golf auf einer gefrorenen Piste – das wird ein spannendes Experiment. Mein Ziel ist es, bei den Demonstrationsfahrten auf dem Eis den Fans eine ordentliche Show zu bieten.“
Beim Ice Race sind Reifen mit Spikes erlaubt. Die sogenannten „Schweden-Spikes“, die auch in der Rallye-Weltmeisterschaft verwendet werden, sind mit knapp 400 Metallstiften gespickt. Jeder Einzelne ragt rund sieben Millimeter aus dem Gummi heraus. „Damit hast du auf blankem Eis mehr Traktion als auf Asphalt“, erläutert Romain Dumas. Allerdings wirken die vergleichsweise schmalen Spikereifen beinahe wie Trennscheiben auf die Fahrbahnoberfläche ein. „Unser Plan ist deswegen, nach jedem dritten oder vierten Rennlauf die Eisoberfläche neu zu präparieren“, sagt Hermann Bernsteiner.
30 Zentimeter dickes Eis
Bernsteiner ist der „Eismeister“ des GP Ice Race. Schon seit Anfang Dezember 2018 präpariert er die etwa 600 Meter lange Rennstrecke auf dem Flugplatz von Zell. Mehrmals täglich fährt er mit Traktor und großem Wassertank am Haken über die Piste. „Bis zu 80 Kubikmeter versprühe ich bei jedem Durchgang“, erzählt der hauptberufliche Landwirt, für den die Aufgabe des Eismeisters neu ist.
Sein Ziel: Bis zur Veranstaltung muss die Eisdecke mindestens 30 Zentimeter dick sein. Infolge der starken Schneefälle in den vergangenen Tagen und konstanten Temperaturen unter null Grad ist Bernsteiner zuversichtlich, bis zum Renntag eine so starke Eisdecke zu erzeugen, die auch ungewöhnlich warmem Wetter während der Veranstaltung standhalten würde.
Legendäre Rennwagen auch in den Ausstellungen
Die offiziellen Wettbewerbe mit teils modernen, teils historischen Fahrzeugen bilden nur einen Teil des Ice Race. Showeinlagen sind beispielsweise durch den zweimaligen Rallye-Weltmeister Walter Röhrl im Audi Sport quattro S1, DTM-Champion René Rast im Audi RS5 und einen 650-PS-Tourenwagen aus der amerikanischen NASCAR-Serie geplant. „Die Fans können mit ihrer Eintrittskarte bis ins Fahrerlager“, verspricht Rennlegende Hans-Joachim „Strietzel“ Stuck, der das Ice Race als Botschafter unterstützt.
Nicht für Eisrennen geeignete Boliden sind in den Ausstellungen zu sehen. In diese Kategorie fällt beispielsweise der ID. R von Volkswagen. Mit diesem Elektro-Rennwagen gewann Romain Dumas im Juni 2018 das berühmte „Race to the Clouds“ auf den 4.302 Meter hohen Pikes Peak im US-Bundesstaat Colorado. Der Franzose stellte außerdem einen neuen absoluten Streckenrekord auf. Im Rahmen des GP Ice Race wird Volkswagen verraten, welche Bestmarken der ID. R als Nächstes in Angriff nehmen soll.
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