ŠKODA 130 RS (1975): Ein Star auf beiden Seiten des Eisernen Vorhangs
› Im Jahr 1981 wurde ŠKODA mit dem 130 RS Europameister in der Markenwertung der Tourenwagen-EM
› Zahlreiche Erfolge in der Rallye-WM, etwa bei der Rallye Monte Carlo 1977
› Die Leistung des traditionellen, hinter den Hinterrädern verbauten OHV-Motors steigerte man in Mladá Boleslav auf 142 PS
› ŠKODA 130 RS wurde in der Original-Werksausführung fast 200mal produziert
Die Fahrer liebten ihn, die Rivalen fürchteten ihn und auf den Rennstrecken erntete er mehr Respekt als jedes andere ŠKODA-Modell vor ihm. Lange galt der ŠKODA 130 RS als bester Sportwagen aus Mladá Boleslav. Vor 46 Jahren präsentierte ihn der tschechische Automobilhersteller der Öffentlichkeit.
Nach der erfolgreichen Ära des ersten ŠKODA-Fahrzeugs mit Heckantrieb, des ŠKODA 1000 MB, stand im Jahr 1969 eine Modernisierung an und die Modelle ŠKODA 100/110 L kamen auf den Markt. Vom Vorgänger unterschieden sie sich insbesondere durch die neue Karosserie. Ausgehend von der Basis-Ausführung leiteten die Konstrukteure im Folgejahr die Sportversionen ŠKODA 110 L Rallye und das im Werk Kvasiny gebaute Coupé ŠKODA 110 R ab. Im Jahr 1972 wurde der ŠKODA 120 S Rallye vorgestellt: Der Sportwagen startete in den 1970er-Jahren häufiger auf Rennstrecken in der damaligen Tschechoslowakei als jedes andere Fahrzeug.
Mit dem Ziel, auch bei Rallyes mit internationaler Beteiligung in der Gesamtwertung gut abzuschneiden, präsentierte ŠKODA 1974 mit dem 180 RS und dem ŠKODA 200 RS Fahrzeuge der Kategorie B5. Beide waren nicht für Rennen im Ausland homologiert, sie sollten vor allem dazu beitragen, das Niveau der heimischen Rallyes zu steigern. Außerdem testete der Automobilhersteller mit ihnen neue Konstruktionselemente. Die Stärken all dieser Fahrzeuge vereinte allerdings ein Rennwagen und wurde so zur Legende des tschechoslowakischen Automobilsports: der ŠKODA 130 RS.
Das Coupé ŠKODA 130 RS (Typ 735) debütierte im April 1975 auf der Rundstrecke in Most (Brüx). Einen Monat später startete er in Brünn im Rahmen eines Laufes der Tourenwagen EM in der Klasse unter 2.000 cm3. Auf Anhieb fuhr der 130 RS bei dieser Premiere auf den dritten und vierten Platz. Zu diesem Zeitpunkt war noch ein Fünfganggetriebe verbaut, ein Jahr später änderte die FIA allerdings die Vorschriften und im ŠKODA 130 RS kam fortan ein Vierganggetriebe zum Einsatz.
Für den Antrieb des ŠKODA 130 RS sorgte der klassische, hinter der Hinterachse eingebaute, wassergekühlte Vierzylindermotor mit OHV-Ventilsteuerung. Die erste Verkaufsversion leistete 82,8 kW (112,5 PS) bei 7.250 Umdrehungen pro Minute, allerdings stieg die Leistung im Zuge der Entwicklung des Rennwagens für den Einsatz auf Rundstrecken sukzessive auf 142 PS (105 kW) bei 8.500 Umdrehungen. Der Motor mit Zylinder- und Kurbelgehäuse aus Aluminium ging aus den Produktions-Vierzylindermotoren hervor, verfügte aber im Gegensatz zu ihnen über einen gusseisernen Zylinderkopf mit acht Ventilen und eine Trockensumpfschmierung. Der Hubraum wurde von ursprünglich 1.289 cm3 bis auf den Grenzwert der Klasse unter 1.300 cm3 vergrößert – auf 1.299,6 cm3.
Die größte Stärke des tschechoslowakischen Coupés lag in seinem Fahrverhalten: Die leichte, ausbalancierte Konstruktion half den Fahrern in Kurven ebenso wie auf den Geraden, bei Sprüngen oder wenn sie bei zu hohen Geschwindigkeiten buchstäblich gegen die Gesetze der Physik kämpfen mussten. In solchen Situationen bewährte sich der ŠKODA 130 RS als verlässlicher Partner, der sich auch gegen die leistungsstärkere Konkurrenz behauptete.
Anders als der ŠKODA 180/200 RS durfte der kleinere RS auch im europäischen Ausland fahren, hauptsächlich im Westen. Der ŠKODA 130 RS war sofort erfolgreich, sowohl im Rallyesport als auch auf den Rundstrecken. Seine erste Rallye-Saison eröffnete er 1976, bereits ein Jahr später war er Klassensieger bei der Rallye Monte Carlo und belegte den 12. Platz in der Gesamtwertung (Fahrerteam Blahna/Hlávka). In der Saison 1978 belegte das Fahrerteam Zapadlo/Motal bei der Acropolis Rally im ŠKODA 130 RS den neunten Platz in der Gesamtwertung und holte den Klassensieg. Ein Jahr später landete der ŠKODA 130 RS bei der härtesten europäischen Rallye sogar auf dem achten Platz der Gesamtwertung. Während seiner Laufbahn sorgte das Rallye-Coupé für viele herausragende Erfolge auf nationaler und internationaler Bühne. In der Klasse A2 unter 1.600 cm³ musste sich auch die stärkere Konkurrenz regelmäßig geschlagen geben. Seine offizielle Karriere auf den heimischen Rennstrecken endete in der Saison 1983, als Trainings- oder Autocrossfahrzeug war der ŠKODA 130 RS allerdings noch viele Jahre unterwegs.
Der ŠKODA 130 RS hat einen festen Platz im Rallyesport und in der Geschichte der Tourenwagen-Europameisterschaft. Im Jahr 1978 absolvierte die Marke aus Mladá Boleslav erstmals eine komplette Saison in dieser prestigeträchtigen Serie. Bis dahin lag der Fokus eher auf Rundstreckenrennen im ehemaligen Ostblock. Bereits bei seiner ersten Teilnahme belegte ŠKODA im Wettbewerb gegen namhafte Hersteller den dritten Platz in der Markenwertung. Ein Jahr später fuhr der ŠKODA 130 RS auf den zweiten Platz in der Gesamtwertung, 1980 erreichte er den dritten Platz hinter Audi und BMW sowie den ersten Platz in seiner Klasse. Während weithin die Annahme herrschte, dies sei das Maximum, was ein Rundstrecken-Coupé aus der Tschechoslowakei erreichen könne, fuhr der ŠKODA 130 RS 1981 zu seinem größten Erfolg: Nach einer harten Saison kämpfte er sich mit dem 1.3 OHV Motor an die Spitze der Gesamtwertung und ŠKODA gewann den Titel in der Tourenwagen-Europameisterschaft. Die Konkurrenz staunte und die Piloten des ŠKODA 130 RS, - Zdeněk Vojtěch, Břetislav Enge, Jan Šenkýř, Petr Martinovský, Josef Michl und einige weitere - sicherten sich ebenso die Aufmerksamkeit der europäischen Sportmedien wie die Fahrzeuge selbst.
Heute gehören sowohl die Rallyeversion als auch die Rundstreckenversion des ŠKODA 130 RS zu den Highlights der Sammlung im ŠKODA Museum und nehmen regelmäßig an Veranstaltungen teil. Zwischen 1975 und 1980 wurden fast 200 Originalfahrzeuge gebaut, mehrere Dutzend wurden außerdem aus Originalteilen im damaligen Verband für Zusammenarbeit mit der Armee, Svazarm, (Pendant zur Gesellschaft für Sport und Technik in der DDR) montiert.
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