

Die Starken, die Schnellen, die Sparsamen – aus dem Kuriositätenkabinett der Polo-Geschichte
1983: Polo Bunny
Wie der Hase läuft
Der Polo startete ins Leben als preiswerter Einstieg in die VW-Welt und mauserte sich immer mehr zu einem vollwertigen Kleinwagen mit vernünftiger Ausstattung und solider Motorisierung. Das äußerte sich auch in den Preisen, womit zu Beginn der Ära der zweiten Generation die Überlegung aufkam, ein besonders niedrig eingepreistes Sondermodell zu lancieren, das die beliebtesten Ausstattungsdetails mit attraktiven Tarifen kombinierte. Ganz nach dem Vorbild des extrem erfolgreichen Golf Rabbit startete Porsche Austria einen exklusiven Weg und brachte 1983 den Polo Bunny. Basierend auf dem 45-PS-Einstiegsmodell gab es zusätzlich unter anderem Heckscheibenheizung, Radlaufverbreiterungen und hochwertige Sitze. Ganz dem großen Vorbild folgend, bekam natürlich auch der Bunny eigens gestaltete Schriftzüge und Logos an Front und Heck und der Erfolg ließ nicht lange auf sich warten. Etwas später legte Volkswagen noch den Power Bunny mit 55 PS auf, wobei sich immer mehr abzeichnete, dass das Konzept des schlauen Hasen beim Golf besser aufging als beim Polo. Dort gab es eine Tendenz hin zur pragmatischeren Form der Mobilität, die zugunsten eines niedrigeren Einstiegspreises selbst auf beliebte Extras verzichten sollte. So verschwand der Bunny nach wenigen Jahren wieder und fand 1990 Ersatz im spartanisch zugeschnittenen McPolo.


1985: Polo Sprint
Was wäre wenn?
Um eines gleich vorwegzunehmen: Dieser Polo war nie für die Großserie gedacht. Nicht einmal für eine Kleinserie. Eher handelt es um einen Gruß aus der Technischen Entwicklung, was mit bestehender Technik maximal an Leistung herauszukitzeln ist. Somit entstand ein Einzelstück, das es wahrlich in sich hat. Denn der Sprint ist nicht nur der einzige Polo mit Heckmotor. Auch kam kein Reihenvierzylinder zum Einsatz, sondern der 2,1 Liter große Boxermotor aus dem VW Bus, dem ein G-Lader zusätzlich auf die Sprünge half. 156 PS waren zu jener Zeit eine echte Kampfansage, wobei dies nur mit gröberen Anpassungen möglich gemacht werden konnte. Dass der Tank unter der vorderen Haube liegt, war noch die geringste technische Änderung, schließlich musste auch von Front- auf Heckantrieb umgerüstet werden, was die komplette Fahrdynamik des Steilheckpolos grundlegend veränderte. Dennoch ging man mit viel Liebe zum Detail zu Werke, sogar das Kombiinstrument ist ein echtes Unikat und wurde speziell für diesen Wagen hergestellt. Alles in allem wirkt der Sprint nicht wie ein Prototyp, sondern mehr wie ein Vorserienmodell, das kurz vor der Serienreife steht. Entsprechend gab es eine Runde durch die wichtigsten Medien, die ausführliche Tests durchführten, die der feuerrote Volkswagen problemlos überstand. Danach aber verschwand der wohl aufwändigste Polo aller Zeiten in den Hallen der Entwicklungsabteilung, um erst Jahrzehnte später entdeckt und behutsam wiederbelebt zu werden.
1985: Polo G40 Breitbau
Die Extra-Portion Mumm
Vor VW Racing gab es VW Motorsport. Und diese Vollgas-Abteilung, beheimatet in Hannover, hatte neben der Aufgfabe, alle Renn-Agenden der Marke zu leiten, in den 1980er-Jahren auch eine zweite Schiene: den Bau spezieller Straßenautos. Berühmtestes Beispiel ist sicher der Golf Limited von 1988, doch schon vorher machte die Rennabteilung auf sich aufmerksam: Als der erste Polo G40 1985 auf den Markt kam, nahm man sich das zum Anlass, eine Breitbau-Variante zu entwickeln, frei nach großen Vorbildern aus dem Tourenwagensport. Das Kit, bestehend aus zwei Kotflügeln, zwei Seitenwänden und entsprechend breiten ATS-Alufelgen passte sowohl für das Polo Coupé als auch für das Steilheck, wobei der Kunde die Wahl hatte, nur den Bausatz zu kaufen und dann selber zu montieren respektive montieren zu lassen. Oder aber, er bestellte ein fixfertig umgebautes Exemplar direkt bei VW Motorsport. Nach Lust und Laune ließ sich die Bestellung erweitern, denn zusätzlich gab es noch Zusatzinstrumente, Schalensitze, Sportlenkrad und weiteres Zubehör in der Preisliste zu finden. Wie viele dieser Breitbauten auf die Straße kamen, lässt sich heute nicht mehr genau sagen, 1988 war es auch schon wieder vorbei mit diesem Polo, da man sich in Hannover künftig dem Rallye-Golf widmete – ebenfalls übrigens mit ausgestellten Kotflügeln.
1987: VW Öko-Polo
Die halbe Sparportion
Der verantwortungsvolle Umgang mit Sprit – ein Thema, das bei Volkswagen Tradition hat. Mit dem Aufkommen neuer Technologien in den 1980er-Jahren drängte sich die Frage auf, wo das Limit des Knauserns liegt? Als groß angelegter Feldversuch wurde zur Beantwortung der Öko-Polo konzipiert, der mehrere gleich Entwicklungen aufgriff: Downsizing, Aufladung und Direkteinspritzung. So kombinierte man den damals neuen G-Lader mit der gerade fertigentwickelten Direkteinspritzung und setzte beides auf einen halbierten Seriendieselmotor. Heraus kam somit der Zweizylinder-DI-G40, der es auf rund 40 PS schaffte, was für die angepeilten 130 km/h Höchstgeschwindigkeit locker ausreichte.
Dem Polo Steilheck sah man die visionäre Technik nicht an. Karosserie, Innenraum, sogar die Radkappen, alles blieb unverändert, wenn man von winzigen aerodynamischen Hilfsmitteln absehen mag. Zum Einsatz kam der Öko-Polo in Berlin, zwischen 50 und 70 Fahrzeuge sollen dabei an Organisationen verteilt worden sein. Und im Laufe der Jahre, die die Flotte an Prototypen problemlos überstand, ergaben sich zwei wichtige Erkenntnisse für die erfolgreiche Serienentwicklung kommender TDI-Generationen: Der ohnehin schon harte Lauf eines Direkteinspritzers verdoppelt sich bei der Anwendung mit lediglich zwei Zylindern. Und der Einsatz eines Turboladers anstelle des G-Laders hilft, die komplexe Zu- und Abschaltung wegzulassen, womit die Kosten gesenkt werden konnten.
1992: Der Polizeipolo
Kommissar Steilheck
Zugegeben, dieser Blaulicht-Polo wirkt eher wie eine Filmrequisite als wie ein echter Streifenwagen, zumal er mit seinen 45 PS für den harten Polizeieinsatz auch wirklich ein wenig zart besaitet ist. Und dennoch: das Polizeipräsidium Berlin setzte das Steilheck tatsächlich im Bereich „Zentraler Objektschutz und Fahrdienst“ ein, es verfügte über alle notwendigen Gefahren-Sondersignale inklusive großen Drehlichtern auf dem Dach und natürlich war auch ein Funkgerät mit an Bord. Vor allem in der Innenstadt schätzten die Kollegen die Wendigkeit und die kompakten Abmessungen des Polo besonders, sodass er acht Jahre im regulären Streifendienst blieb. Erst im Jahr 2000 stiftete man ihn an das 1. Deutsche Polizeioldtimer-Museum in Marburg, wo er außerdem ein zweites berufliches Leben genießen darf – nämlich tatsächlich als Filmrequisite.
1993: Polo Tuning
Die Liebe der Fans
Die Freude an der Individualität, der Spaß am Basteln, das Verwirklichen eigener Ideen – die Tuningwelle der 1980er- und 1990er-Jahre war ein Massenphänomen und fand einen seiner Höhepunkte im Polo. Seine einfache aber durchdachte Konstruktion ließ viel Gestaltungsmöglichkeiten zu, der riesige Konzernbaukasten gab viele Teile anderer Modelle her, die problemlos adaptiert werden konnten, und den Rest erledigte die Zubehörindustrie mit immer aufwändigeren Teilen und Umbau-Kits. Zu den Hochzeiten gab es eigene Betriebe, die sich auf die frühen Polos spezialisierten und oftmals Trends der Szene übernahmen und zu neuen Produkten entwickelten. Und auch wenn die gesetzlichen Auflagen es in Österreich ein wenig schwerer gemacht haben, seinen eigenen Stil auf vier Rädern freien Lauf zu lassen, so gab es doch eine lebendige Community. Und viele, die damals ihren ganz persönlichen Polo gestaltet haben, kommen auch heute noch von ihrer Jugendliebe nicht los. Aufzulisten, was es alles gab, würde das Internet sprengen, doch dieses windsorblaue Exemplar aus 1993 zeigt recht schön, was seinerzeit ein klassischer Umbau war: Eine Lederausstattung musste genauso sein wie mehrteilige 15-Zoll-Aluräder von BBS oder elektrische Fensterheber. Jeder Anbauteil in Wagenfarbe zu lackieren war genauso beliebt, wie unnötiges Plastik-Zierrat ersatzlos zu entfernen und weil in den späten 1990ern neue Fahrzeuge über Klarglasscheinwerfer verfügten, musste auch dies entsprechend nachgerüstet werden. Wirkliches Tuning ging aber erst dort los, wo es nichts mehr von der Stange zu kaufen gab. Und sei es eine versteckt montierte Rückfahrkamera, deren Monitor sich zum ausklappen in der Sonnenblende befindet. Erlaubt ist, was Spaß macht!
1994: Polo Harlekin
Die Idee in der Nebenhalle
Als die dritte Polo-Generation auf den Markt kam, war eine wesentliche Neuerung die umfassende Ausstattung. Volkswagen führte die Paket-Idee ein – beliebte Ausstattungen gebündelt zu attraktiven Preisen, wobei man diese Optik-, Technik- oder Sicherheitspakete nach Belieben kombinieren konnte. Das musste der Kundschaft entsprechend dargestellt werden. Also erdachte die Marketingabteilung für eine groß angelegte Plakatkampagne die Idee des mehrfärbigen Polo, der auf einen Blick und unmissverständlich zeigen sollte, dass der neue kleine VW praktisch so konfiguriert werden konnte, wie man es sich nur wünschen kann. Es gab sogar 20 speziell umlackierte Exemplare für ausgewählte Händler, doch womit niemand rechnete: Die Werbemaßnahme war dermaßen beliebt, dass schnell erste Anfragen eintrudelten, ob man denn nicht genau so einen bunten Polo kaufen könne? Irgendwann reifte schließlich die Idee zu einer Kleinserie, ganz nach dem Vorbild der Werbung: der Harlekin.
Auch wenn diese Polos wild zusammengewürfelt aussehen, gab es exakte Baupläne: Nagelneue Exemplare rollten von den Fertigungsbändern in eine benachbarte Werkshalle, wo erfahrene Monteure die Autos wieder zerlegten und Türen, Kotflügel und Hauben untereinander auswechselten: Das gelbe Basismodell bekam zum Beispiel immer rote Kotflügel oder eine grüne Frontstoßstange, das blaue Modell immer rote Vorder- und gelbe Hintertüren, das rote immer gelbe Türen, blaue Kotflügel und so weiter. Knapp über 3.000 Harlekin entstanden in reiner Handarbeit, für eine größere Stückzahl wäre der Aufwand aber zu hoch gewesen, da diese Farbvielfalt auf dem Fließband nicht zu realisieren gewesen wäre.
2010: Polo BlueMotion
Der effektive Verzicht
Ausgewiesene Sparmodelle sind meist teuer, weil die Entwicklung und spezielle Bauteile schnell ins Geld gehen. Für den preissensiblen Polo mussten andere Wege gesucht werden, und die fand man in Form des BlueMotion: Nicht viele Maßnahmen, sondern wenige, gut ausgewählte waren der Schlüssel zu geringem Verbrauch, der selbst beim Kauf nicht ins Geld geht. So verfügte der erste Polo BlueMotion von 2010 über einen leistungsgedrosselten Dreizylinder-TDI mit 75 PS, Stopp-Start-Automatik, einer längeren Übersetzung für niedrigere Drehzahlen und verbesserten Luftwiderstandwert, der dank Fahrwerkstieferlegung, verkleidetem Unterboden und kleinem Heckspoiler realisiert werden konnte. Rollwiderstandsoptimierte Reifen taten ihr übriges, sodass das fertige Produkt auf den Fabelverbrauch von lediglich 3,3 Litern Diesel auf 100 Kilometer und einen CO2-Ausstoß von 87 g/km kam. Alles in allem fielen die Änderungen so überschaubar aus, dass sie problemlos und ohne Anpassungen der Fertigungsabläufe in die Serienproduktion übernommen werden konnten und der BlueMotion auch bei der Nachfolgegeneration zum Fixpunkt in der Polo-Palette wurde.
2012: Polo R WRC Street
Es kann nur einen geben
Sportliche Modelle gibt es in der Polo-Familie schon seit den 1970er-Jahren. Und trotz all der GT-, G40-, GTI- und Cup-Modelle gab es nur einen, der mit seinem Motorsport-Hintergrund alle anderen verblassen ließ. Der Polo R WRC Street kam in limitierter Stückzahl 2012 als Homologationsmodell für die Rallye-Weltmeisterschaft, wobei alle 2.500 Exemplare in weiß mit blaugrauer Folierung im Look der Werksfahrzeuge und neu gestalteten Stoßfängern ausgeliefert wurden. Die Technik: Hier setzte man auf den Antriebsstrang aus dem Golf GTI, der mit 220 PS und 350 Newtonmetern Drehmoment den damaligen Polo GTI um 40 PS und 100 (!) Newtonmeter überflügelte, was über das Sprintvermögen des stärksten Polo aller Zeiten schon alles aussagt. Wer das Sechsgang-Schaltgetriebe schnell genug bedienen konnte, war in nur 6,4 Sekunden auf 100 km/h, Schluss mit Vortrieb war zudem erst bei 243 km/h. Der Zeitpunkt hätte für die Lancierung jedenfalls nicht besser gewählt sein können, denn im Jänner 2013 feierte der Polo R WRC (der es im Werkstrimm übrigens auf 315 PS schaffte) bei der Rallye Monte Carlo, und er schloss die Saison auch gleich mit einem ersten Platz in der WM-Wertung ab – genauso übrigens wie die kommenden drei Jahre.