Marco Schwarz: Immer mit der Ruhe
Ganz allgemein, wie würdest du dein persönliches Stärken-Schwächen-Profil skizzieren? Was zeichnet dich aus, bei welchen Eigenschaften siehst du noch Verbesserungspotenzial?
Ich bin generell eher der ruhige Typ, das kommt mir in gewissen Situationen auf jeden Fall zugute. Auf der anderen Seite gibt es Situationen, wo ich mir mehr Druck mache, als nötig wäre, und etwas zu ungeduldig agiere. Beispielsweise wenn es im Training nicht so läuft, wie ich mir das vorstelle. Wobei sich das über die Jahre schon verbessert hat. Heute bin ich wesentlich gelassener.
Gibt es Menschen, deren Weg und Geschichte dich besonders inspirieren, hast du Vorbilder?
Früher war ich immer ein großer Fan von Bode Miller, der hatte einfach eine extrem coole Art. In den letzten Jahren war dann Marcel Hirscher ein absolutes Vorbild für mich. Der Erfolg hat ihm immer recht gegeben, er hat sehr vieles richtig gemacht.
Wie stehst du dem Fortschritt gegenüber? Von welcher Innovation warst du auf Anhieb begeistert, von welcher weniger?
Mitunter schwer tu ich mir mit Social Media, auch wenn es zum Job dazu gehört. Ein positiver Aspekt von meinen digitalen Kanälen ist sicherlich der enge Kontakt mit den Fans, auch hinsichtlich Sponsoren hat es Vorteile, aber ab und zu kann es auch gewaltig nerven. Speziell wenn es nicht so läuft und du brutal zerrissen wirst. Da liest du Dinge, die sich die Leute niemals trauen würden, dir persönlich ins Gesicht zu sagen.
Ressourcenschonendes, zukunftsorientiertes Denken und Handeln ist im Sinne nachfolgender Generationen das Gebot der Stunde. Wie intensiv setzt du dich mit dieser Thematik auseinander, was muss sich in Bezug auf Nachhaltigkeit in unseren Köpfen ändern?
Ich glaube wir müssen weniger auf die anderen schauen, sondern vielmehr uns selbst an der Nase nehmen. Mir liegt etwa die Regionalität sehr am Herzen. Beim heimischen Bauern einzukaufen ist etwas, worauf ich persönlich absolut achte. Zumal wir diesbezüglich in Österreich sehr gut aufgestellt sind und super Produkte haben.
Du wurdest im vergangenen März Kombinationsweltmeister, hast aber den Triumph im Slalom-Weltcup als bisher größten Erfolg deines Sportlerlebens bezeichnet. Wie definierst du Erfolg?
Als Sportler wirst du immer an Siegen oder zumindest Podestplätzen gemessen, aber wenn es gelingt deine bestmögliche Leistung abzurufen, kannst du das auch als Erfolg werten. Man muss es immer im Verhältnis sehen.
Nach Rang 3 im Gesamtweltcup 2020/21 strebst du heuer nach der großen Kristallkugel. Damit wird man dich wohl verstärkt in Speed-Disziplinen sehen. Wen siehst du im Rennen um die Krone als größte Konkurrenten, welches Speed-Rennen reizt dich besonders und welcher Hang ringt dir am meisten Respekt ab?
Die Tatsache, dass der Rennkalender im bevorstehenden Weltcupwinter exakt gleich viele Speed- wie Technik-Rennen vorsieht, vergrößert den Kreis der Favoriten automatisch. Alexis Pinturault, Henrik Kristoffersen, Marco Odermatt, Matthias Mayer, Vincent Kriechmayr, Alexander Aamodt Kilde, sofern er rechtzeitig wieder fit wird, sie alle haben Chancen. Es wird auf jeden Fall ein richtig spannender Winter.
Technisch anspruchsvolle Hänge wie beispielsweise Beaver Creek kommen mir da sicher entgegen, an Kitzbühel oder Bormio muss ich mich hingegen erst herantasten. Das ist ein Prozess, der reifen muss.
Nach der Absage der Olympiageneralprobe im vergangenen März fehlt die Erfahrung vor Ort. Was weißt du über den Olympiahang in Peking, worauf muss man sich einstellen?
Ich habe mir bisher nur Animationen angeschaut, der Hang ist eher auf der steilen Seite, der Schnee dürfte ähnlich wie in Pyeongchang kalt und aggressiv sein. Generell wird, wie bei den Olympischen Spielen 2018, mit kühlen Temperaturen zu rechnen sein. Eine zweite lange Unterhose einzupacken ist sicher kein Schaden (lacht).